Ausufernd: Dampfschiff fahren

Oma und Opa waren da und wir haben die lang angekündigte Dampfschifffahrt gemacht. Lehnt euch bequem zurück, es dauert länger.

Die Ticketbuchung im Internet war offenbar wenig intuitiv gestaltet oder zu langsam für den Liebsten, er kam zerknirscht hinter dem Rechner hervor. Er war es dann auch, der uns morgens halb 10 zu einem Spaziergang im Laufschritt zur Schiffsrampe antrieb. Die Auswärtigen waren mindestens eine halbe Stunde eher angerückt, jedenfalls waren sämtliche Außenplätze schon besetzt und für uns, die wir immerhin 10 Minuten vor Abfahrt ankamen, war noch ein warmer Platz im Salon übrig. Mist, der frühe Vogel und so. Verhält sich bei schlechtem Wetter wohl umgekehrt.

Das machte nichts, es gab Fenster zum Öffnen und man muss ja auch nicht die ganze Zeit still da sitzen bleiben. Baby verschlief die Hälfte der fast zweistündigen Dampferfahrt. Oma wachte über den Babyschlaf und unsere Plätze. Opa, der Liebste und ich nahmen den einzig verbliebenen Platz an der Reling plus einen Falthocker, die am Ausgang zur Veranda (heißt das so auf Schiffen?) bereit standen. Einmal sind Leute aus dem Salon zu uns gekommen, wir sollten doch bitte den Blick aus dem Fenster frei machen, sie könnten die Schlösser nicht sehen. Oh. Na das wollen wir nicht, ist ja die Schlösserfahrt. Ich stellte mich zwischen die Fenster.

Es war toll, sagt was ihr wollt. Ja ja, das machen nur Rentner und Familien. Die haben eben to do-Listen und stehen früh auf. Der Fahrtwind blies angenehm über’s Gesicht, wir hatten einen der drei heißen Julitage erwischt. Wunderbare Sicht auf beide Elbufer mit den schönen Villen, den Schlössern und schließlich Blasewitz, Loschwitz, ein bisschen Mississippi in Wachwitz, Pillnitz. Man fährt gemächlich Schrittgeschwindigkeit, aber das ist gut so. Beim Spaziergang auf dem Elberadweg habe ich den langsamen Dampfer des öfteren überholt und gedacht „Mann Mann Mann.“

Das Schaufelrad hat schön gerauschelt und rechts und links das Wasser angesaugt, damit wir nicht auf Grund laufen. Das Schiff hat in der Mitte gedampft und tief getutet. Toll. An der Elbmündung der Prießnitz standen winkende Kinder. Einmal ist die Polizei im Motorboot protzig vorbeigefahren, hat lässig gewunken. „Die Polizei! Guck, Sebastian, die Polizei hat uns überholt!“ schrie ein aufgeregter Vater neben mir. Der Maschinenraum in der Mitte des Schiffs ist offen und wird von Männern mit verschränkten Armen abgeschätzt. Das ist doch eine schrägliegende Zweizylinder-Heißdampf-Verbundmaschine. Mit Einspritzkondensation und Ventilsteuerung. Hm, ja. Bin mir sicher. Das sagen ihre Blicke. Steht natürlich da auf einem Schild.

Bei der Buchung online kann man nicht sehen, welches Schiff welche Tour fährt. Wir haben das Flaggschiff der Flotte, den Raddampfer Dresden erwischt. Ein schöner weißer Dampfer mit eisernem Geländer, poliertem Holzinterieur und grün lackiertem Rumpf. Herrlich. Hätten ja auch August den Starken bekommen können, der sieht aus wie eine Mischung aus Kreuzfahrtschiff und Autohaus.

Auf dem Schiff sorgen flotte Kellnerinnen für das leibliche Wohl der Gäste. Ich weiß nicht, was die Karte hergibt, wir hatten nur Getränke. Aber ich habe mehrere Kinder mit Lutschfinger-Eis gesehen. (Wir sind ja auch nicht wegen dem Essen Dampfer gefahren.) Es gibt Toiletten und einen Wickeltisch auf der behindertengerechten Toilette. Zum Stillen muss man sich wohl mit dem eigenen Sitzplatz, einem ruhigeren Platz im Salon oder einem neben der heißen Dampfmaschine zufrieden geben. Den Kinderwagen kann man ebenerdig überall mit hinnehmen, die Treppen sind zu steil. Es ist eng auf so einem Schiff, das liegt in der Natur der Sache. Unser Wagen konnte problemlos neben dem Tisch parken.

Nach einer Stunde Fahrt war Baby schließlich wach und konnte das Blaue Wunder sehen. Alle reden doch immer von Entschleunigung. Ein Baby haben oder Dampfschiff fahren ist wunderbar entschleunigend. Baby freute sich auch über Oma und sagte mit gelangweiltem Blick „Was? Eine Fähre ist eine Fähre.“ Es spielte ein wenig mit dem Geländer, bekam dann langsam Hunger und gab uns zu verstehen, dass eine fast zweistündige Fahrt mit der Fähre ausreichend sei. Wir kamen in Pillnitz an. Das an den Anlegesteg grenzende Ausflugslokal ließen wir erst mal links liegen, zu touristisch. (Der Liebste verriet mir erst später, dass hinter dem Lokal eine Filiale vom Bäcker Wippler ist, das wäre erstklassig gewesen zum Kuchen essen.) Uns fiel schnell auf, dass es ja am Schloss Pillnitz nicht weniger touristisch wurde. So nahmen wir in einem schönen, von Linden überschatteten Biergarten Platz. Freibadessen, keinem hat es so recht geschmeckt. Das Baby schaute verdrossen auf Omas Kartoffelsuppe (Oma. Isst. Brei. Das seh ich doch. Und ich?), sie auch ein bisschen. Aber es gab Eis von Mövenpick und der Kuchen sah auch gut aus. Nebenan gab es auch ein Häuschen mit Toiletten, aber keinen Wickeltisch. Alternativ ist direkt neben dem Biergarten ein Restaurant, das sah auch nicht so überlaufen aus wie der Biergarten, war aber natürlich teurer.

DSC_0528

Das wunderbar restaurierte Schloss Pillnitz und der barocke Park sind natürlich einen Ausflug wert, es gibt schöne Blickwinkel und immer verschiedene Ausstellungen im Schloss. Wir fuhren Autofähre, spazierten die Elbe entlang Richtung Dresden. Bis ins schöne Viertel Laubegast, wo wir den Kuchenhunger bei der Bäckerei Siemank stillten. Hier in Laubegast ist übrigens das Stammhaus der Traditionsbäckerei, ich habe bereits die Filiale in der Florian-Geyer-Straße beschrieben. Beste Lage, guter Kuchen, eine Terrasse mit Blick auf die Elbe. Dann ging es in einer angenehm leeren Straßenbahn zurück nach Hause. Fazit: Dampfschiff fahren unbedingt, gut essen besser abseits der touristischen Pfade.

Ein Kommentar Gib deinen ab

Hinterlasse einen Kommentar