Es gibt was Neues: Toshca & Mari(n)a

Das Baby bemerkt Veränderungen im Raum sofort. Es hebt die Brauen, schärft den Blick und steuert dann wie ein tapsiges Bärenjunges aber zielgerichtet auf neue Spielmöglichkeiten zu. Genau wie ich, ich nur mit weniger Süßheit und mehr Eleganz. In unserem Viertel gibt’s etwas Neues.

Erst klebte Zeitungspapier in den Fenstern des leerstehenden Eckladens. Dann erschien über der Tür ein in goldenen Lettern gestaltetes Schild „Toshca & Maria„, mit kringelig gemaltem &. Oh, zwei kirgisische Schwestern machen ein Café auf! Oder ist es ein Laden, in dem es Trachten aus aller Welt geben wird? Nudeln mit Operettensoßen? Mein Stereotypenhirn stellte Überlegungen an. Nach einer Weile wurde „Maria“ durch ein golden gemaltes „N“ ergänzt. Aha, die eine Schwester heißt Marina. Tage der Ungewissheit vergingen. Sogar der Liebste, der sonst eher gleichgültig auf Neuerungen warten kann, bis sie tatsächlich da sind, recherchierte online. Kein Erfolg. Ich fand mit dem neuen „N“ eine Website: ein modernes syrisches Restaurant. Toshca & Marina ist eine Speise, es sind keine Schwestern. Ein junger Syrer, der, so schrieb er, schon mit Mama und Oma zusammen gern kochte, jetzt ausgebildeter Koch ist und sogar in der Gourmetküche des Dresdner Kastenmeiers Erfahrungen sammeln konnte. Alle Achtung. Kurzum: kaum hatte das Restaurant geöffnet, erschienen wir neugierig auf dem Tapet.

Wir sind beim morgendlichen Spaziergang schon mal vorbei geschlendert, um die Öffnungszeiten zu erfahren. Von 11 bis 23 Uhr, ganz schön lang. Es war kurz nach Elf, wir waren sowieso unterwegs und hatten auch sowieso einen kleinen Hunger. „Muss der Kleine nicht was essen?“ fragte der Liebste. Wir traten in den frisch bemöbelten Gastraum ein und wurden von einem orientalischen Teppich und der Werbetafel mit dem aktuellen Angebot, die sonst auf dem Gehsteig stand, Willkommen geheißen. Der Koch hörte unser Eintreten, kam um die Ecke und fragte:“Hallo. Wollen Sie etwas Essen?“ „Ja! Unbedingt.“ „Ist es schon 11?“ Verwirrt blickte ich auf mein leeres Handgelenk, der Liebste tastete nach seinem Handy. „Sechs Minuten nach.“ „Gut.“

Sekunden später ertönte arabisch klingende Popmusik aus den Lautsprechern, das Schild kam vom Teppich vor die Tür und wir hatten eine Karte in der Hand. Ein bisschen kam mein grafisches Helfersyndrom durch, ich hätte die Karte gern ordnen wollen. Egal, es klang alles lecker. Wir bestellten Hummus und gefüllte Weinblätter mit gebackenen Kartoffeln. Bio-Limo gab es auch, und Milchshakes. Der Junior krabbelte auf dem Teppich herum und als der Koch mit Getränken um die Ecke balancierte, musste er einem Fühl mal-Buch ausweichen. Ist nicht meins, ich hob entschuldigend die Augenbrauen.
Das Essen ließ nicht lange auf sich warten, wenige weitere Gäste nahmen Platz. Das Hummus auf dem Teller vom Liebsten war göttlich. Frischer Salat, selbst gemachtes Dressing mit Zitronensaft. Meine Weinblätter auf Kartoffeln waren sehr lecker.

Der Junior kaute zufrieden das Fladenbrot klebrig. Der Koch kam um die Ecke, lächelte angesichts des fladenbrotbeklebten Sohnes: „Das sieht schön aus. Er ist zufrieden.“ Er bot eine Banane oder mehr Brot an für das Baby. Ich nuschelte mit vollem Mund ein Kompliment für das Hummus auf dem Teller des Liebsten und kratzte mit der Gabel meinen eigenen Weinblätterteller leer. Die Eröffnung lief gut, erzählt der Koch, zwei Mal volles Haus. Allerdings wurde sein Mittagsangebot von gestern als zu teuer bekritelt von den Büro- und Labormenschen aus dem Viertel, die mittagshungrig ihre Runden zogen. Dabei sind Weinblätter schon recht aufwändig, er wollte ja etwas Besonderes machen zur Eröffnung. Ungefragt gut gemeinte Ratschläge von mir, obendrauf noch ein Lob für die Weinblätter.

Leider wurde der Sohn vom Brot essen müde. Auf der Karte, die noch vor mir stand, standen Türkischer Kaffee mit Kardamom, süßer Blätterteig und noch mehr Hummus. Hmmm. Aber wir zogen weiter. Und kommen später mal wieder, ist ja nicht weit. Wir wünschen uns viel Erfolg für das neue Lokal! Denn auf das Hummus werden wir zukünftig leider nicht verzichten können.

PS: Hochstühle hab ich keine gesehen, von einem Wickeltisch habe ich noch keine Ahnung. Schön viel Platz zum Krabbeln gibt es im ersten Gastraum (ist allerdings auch Laufraum, also nur in ruhigen Zeiten geeignet), Stellplatz für den Kinderwagen ist da sowie ein Sofa zum Lümmeln.

4 Kommentare Gib deinen ab

  1. Andreas Kotter sagt:

    Immer wieder schön zu lesen! Würde gern gleich zu euch kommen… Wird wohl erst als Familienausflug Ende 1. Quartal 2018. Einfach schön, was da beschreibst. Und Daniel sehe ich richtig vor mir sprechen, wenn du ihn beschreibst.
    Hoffe es geht euch gut?!

    LG
    Wir Drei

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    1. bedoz sagt:

      Danke! Ja, es geht uns prächtig! Wir freuen uns immer über Besuch. Viele Grüße an die Mädels!

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  2. charles.forbin@clossus.project.org sagt:

    Ich sehe keine frisch vorbereitete Speisen auf der Karte – machen Sie z.B. Hummus selber oder ist es aus der Dose?

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    1. bedoz sagt:

      Dies bitte an @Toshca&Marina direkt richten. Die Speisen haben jedenfalls alle frisch geschmeckt!

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