Die Dinge können ja gleichzeitig rosig und getrübt sein. Altrosa sozusagen. Der Altweibersommer ist ausgeblieben, es ist schlagartig Herbst geworden. Ich passe wieder in meine Hosen, den vielen Spaziergängen sei dank. Zumindest unter Bauch. Das Baby hadert gerade mit seinen neuen Fähigkeiten, kann aber neuerdings stehen und lacht mit einem kleinen Quartett Milchzähne. Ich lechze nach Süßem, da ich nichts mehr naschen kann, wenn das Baby wach ist. Sobald es mich essen sieht, möchte es auch probieren. Meine süße Lebensweise versuche ich aber so lange wie möglich zu verbergen, ich bin da pro Babyzahn. Also nasche ich nur, wenn es schläft. Heute war wieder so ein Glückstag. Erst hat die nette Verkäuferin in der Bäckerei Eisold in der Seestraße mir unter der Vorgabe „Nichts was auf das schlafende Tragebaby krümelt oder es wach knuspert“ ein Stück Schmandkuchen und einen Kaffee am Stehtisch kredenzt. Aaaaah. Perfekt.
Dann habe ich eine dieser klebrigen Haselbauer-Waffeln probiert, auf die die Dresdner anscheinend schwören. Wie ein Kind auf dem Rummel, das sein Taschengeld auf den Kopf haut, habe ich mich gefühlt, als ich das klebrig-knusprige Zuckerwerk leise und ohne zu kleckern über dem schlafenden Babykopf genascht habe. Zuhause im Fahrstuhlspiegel habe ich die verräterische Sahnespur am Kinn entdeckt und verstohlen vor dem Baby weggewischt. Mama? Du hast doch nicht etwa..
Haselbauer-Eis und Waffeln gibt es tatsächlich nur an einem stählernen Pavillon an der Haltestelle Prager Straße (mobil nur noch auf dem Striezelmarkt oder dem Stadtfest). Ein Schild vorm Pavillon kündigt „Kult-Eis & Waffeln“ an. Soll heißen, die schon lang vor der Wende in Dresden etablierte Süßigkeit gibt es jetzt wieder. Ein Muss für Dresden-Kennenlerner sozusagen.
Man muss dazu sagen, dass das sahnige Streicheis und die zuckrige Klebewaffel etwas bittersüß jeweils zwei Seiten hat: Die Marke Haselbauer wurde aufgekauft und wird jetzt nicht mehr von der traditionsreichen Haselbauer-Familie selbst vertrieben, sondern von einer gewitzten Dresdnerin. Die Familie selbst ist aber auch noch im Eisgeschäft, darf aber als Marke ihren Namen nicht mehr verwenden (Verwirrend. Da haben wir’s wieder: Altrosa.). Das Haselbauersche Streicheis in der Muschelwaffel nach dem Originalrezept gibt es in einem Eiskaffee in der Prager Straße (original Eisbar) neben dem Hotel Pullmann. Hier verkauft die Eis-Erbin sozusagen gegen den Pavillon an der Haltestelle. Am Haselbauer-Pavillon nimmt man zwischen Straßenbahngewusel Eis in der Muschel-To Go auf die Hand, im namenlosen original-Café sitzt man inmitten uncharmanter Plattenbauarchitektur. Jeder hat das echteste Eis. Ich bin kein Experte, was den originalen Geschmack angeht. Egal an welcher Stelle, die Waffel und auch das Eis in der Muschel sind eine Versuchung (und Auswertung) wert.
Baby goes DD 