Glanz und Gloria: Im Coselpalais

Unser Besuch kam mit dem Schiff und wollte zum Kaffee ins Coselpalais. Schon beim Eintreten in das gräfliche Kaffeehaus habe ich’s geahnt: wir erscheinen nicht standesgemäß. Unser Hartan sah auf dem roten Teppich und im Glanz der Spiegel, Lüster und Kronleuchter so fehl am Platz aus, wie eine Funktionsjacke. Nun ja, Baby und ich haben uns immerhin dem Anlass entsprechend angezogen, in Seide und Kragen nämlich. Schon als die Kellnerin uns die Karten reichen möchte, schiebt sie (ohne die Miene nach oben oder unten zu verziehen) den Kinderwagen, der neben dem Tisch parkt, entschlossen ein Stück zur Seite. Zu viel Distanz zwischen uns und unserer Bestellung. Na das wird ja lustig.

Es kam allerdings alles ganz anders. Das Baby mochte den Besuch auf Anhieb und ich hatte während unseres gesamten Aufenthaltes im Palais der Gräfin die Hände frei. Da wurden im Spiegel Verstecken gespielt, die kristallenen Kronleuchter sanft zum Klingeln gebracht (und bestimmt auch die Alarmrezeptoren der Kellnerin), mit weißer Reiswaffel der rote Teppich kunstvoll bekrümelt, die Weihnachtspyramiden am Merchandise-Stand angepustet (Ja, so etwas gibt es. Allerhand bunter Plunder für die Touristen.), der Brunnen mit den Putten und die großen Porzellanfiguren. Überall Licht, überall Glanz, überall Rosen. Das Baby schaute immerzu verzückt an die stuckverzierten Decken mit den Kronleuchtern.

Wir aßen Torte, die es an Barockigkeit nicht besser hätte treffen können: Sie war üppig, sahnig und sehr süß. Teures, reich verziertes Porzellan (Rosenthal Versace Medusa). Ich war recht bescheiden mit der Tobleronetorte, Christiane versuchte die cremegefüllte, baumkuchenhohe Harlekintorte. Ihr Mann Andreas, der Wladimir Kaminer wirklich ähnelt, gab sich mit einer hübsch angerichteten Quiche auf Rote Beete Carpacchio zufrieden. Vielleicht kam uns die Promi-Ähnlichkeit zugute und die gestrenge Kellnerin sah über das Kronleuchterklingeln hinweg? {Kaminer stellt übrigens in Kürze sein neues Buch in Dresden vor. Am 21. Oktober 2017 in der Scheune Dresden.}

Das Baby war die ganze Zeit zwischen den Räumen unterwegs und bestaunte dies und das. Es gab sogar ein Regal mit Kinderbüchern und einen Wickelplatz. Wir Tortenesserinnen saßen derweil im Vogelzimmer. Draußen gibt es eine große Terrasse, durch eiserne Tore schaut man auf die Frauenkirche. Andererseits auf die barocke Fassade des Coselpalais, dessen Besitzer einen Faible für Klaviere hat.

Fazit: Der Junior nimmt seit unserem Besuch alle Deckenleuchten besonders in Augenschein. Er staunte und strahlte angesichts der ganzen Glitzerigkeit, es war wirklich schön. Bestimmt hat auch unsere liebe Begleitung eine Rolle gespielt, die gemeinsam mit ihm alles entdeckt hat. Ich habe den Verdacht, er würde mir noch lange von dem ganzen Glanz im Coselpalais erzählen. Ich weiß nun, dass ich gar nichts weiß. Jedenfalls was vermeintlich kindertaugliche Aktivitäten sein können. In der kommenden dunklen Jahreszeit gehen wir mal für’s Glitzern ins Grüne Gewölbe, versprochen.

PS: Gräfin von Cosel – ihrerzeit einflussreiche Mätresse von August dem Starken, die später auf die Burg Stolpen in Verbannung geschickt wurde – hieß übrigens Anna Constantia, war für eine Frau in der Barockzeit umfassend gebildet, konnte Damen- und Herrensitz reiten, war geschieden und hatte vier Kinder.

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