Wir werden zu Kritikern: Im Carolaschlösschen

Im Großen Garten findet sich in der Nähe vom Zoo das Carolaschlösschen. An einem frühen Samstagnachmittag waren wir hier. Das neobarocke Schlösschen hat einen großen, schönen Biergarten und an diesem herrlichen Julitag saß kein Mensch drinnen. Auf der Terrasse blickt man auf den See, wo Ruderer die Fontäne des Springbrunnens umschiffen. Gleich eingangs findet sich für die Kleinen ein Sandkasten und eine große Maltafel neben der Terrasse. Wir hatten Mittagshunger. In der Menükarte versprach der Chef hochwertige Gerichte mit regionalen Zutaten, eine kleine, saisonal wechselnde Karte. Auf dem Dach des Schlösschens hockt ein großer Plastik-Spiderman und am Eingang und auf Tafeln ringsum wird verkündet, dass donnerstags hier After work Parties gefeiert werden, mit den besten DJs der Stadt. Innen gibt sich das Schlösschen schön luftig mit einer tollen freien Treppe und Empore, auch hier ein Stilmix. Es gibt einen Wickelplatz, eine barrierefreie Toilette und Hochstühle für Kinder. Natürlich hat man das gleiche Problem, wie in jedem Biergarten: benachbarte Raucher verrauchen die Babyluft.

IMG_6780

An diesem Samstag waren vor allem Familien mit großen und kleinen Kindern da. Es gab Eis und hausgemachte Limonade und als wir die Karte öffneten, sprachen uns vielfältig ausgewählte Gerichte an. „Recht teuer..“, bemerkte der Liebste. Und mit kritischem Blick auf den Spiderman und die Eis essenden Familien: „Es kann sich nicht entscheiden, ob es hochpreisig oder ein Familienlokal sein will, das Schlösschen.“ Hm. Regionale, hochwertige Produkte kosten vielleicht etwas mehr als Großmarktgemüse, werfe ich ein. Und es ist ein großes Haus, das muss man nutzen. Aber es ist schon eine sonderbare Mischung, stimmt. Ein bisschen wie Brighton in Südengland: tagsüber flanieren Familien dort am Strand, abends ist die Stadt Junggesellenabschiedspiste.

Schließlich bestellten wir Mezzelune für mich (klang so schön) und kalte Gazpacho für den Liebsten. Die mit Pinienkernen und Mangold gefüllten Teigtaschen kamen alsbald, hübsch dekoriert mit würzigen Blüten. Schmeckte alles gut und hausgemacht. Leider versank die cremige Soße in reichlich Öl, in dem das Gemüse gebraten wurde. Dem Liebsten wurde ein Teller Carpaccio vom Lachs hingestellt, als ich bemerkte „Wolltest du nicht kalte Suppe?“. Ja stimmt, Gazpacho und Carpaccio. Darf man auch nicht zu oft hintereinander sagen. Also ging der Fisch zurück und irgendwann, noch ehe ich fast meine Teigtaschen aufgegessen hatte, kam die Gazpacho. Aber so konnte wenigstens immer einer das Baby auf den Schoß nehmen. Es waren zweierlei Süppchen, eine mit Tomate und eine mit Gurke, der Liebste schaute immer noch skeptisch. Alles war wunderbar angerichtet. Ich muss dazu sagen, er hat sich seit wir unsere Dresden-Ausflüge dokumentieren, zu einem strengen Kritiker entwickelt.

Am Ende landete die kalte Suppe bei mir und der Liebste blickte still auf die Ruderer. Es war eine sehr sächsische Interpretation der südspanischen Suppe, sehr würzig tomatig mit einem kleinen Kaninchenstück obendrauf und die Gurkensuppe war prickelnd sauer mit Garnelen im Kartoffelteigmantel – kreativ! (Ich persönlich hätte lieber eine echte Gazpacho und sommerliche grüne Gurkensuppe gehabt, aber so ist das mit der Erwartungshaltung). Fazit: familientauglich ja, den Rest muss wohl jeder für sich ausprobieren. Vielleicht war das nicht so unser Schlösschen-Tag.

Hinterlasse einen Kommentar